Wer in der Blase der Musikindustrie häufig unterwegs ist, der weiß, wie viel Wert insbesondere Majorlabels darauf legen, Diversität auszustrahlen. Es wird oft klare Position gegen Homophobie, Rassismus und Sexismus dargestellt – mit bunten Logos während des Pride-Month.
Aber im Rap, da zählt das alles dann plötzlich nicht mehr: Ein Großteil der Signings von Majorlabels im Bereich des Hip Hops bleiben mir häufig durch ihre sexistischen und homophoben Lines im Kopf, was in mir den Eindruck erweckt, dass es im Rap mittlerweile akzeptiert wird, man sich gar damit abgefunden hat, dass zu diesem Musikgenre all das dazugehört.
Um eine kurze Antwort auf die Frage in der Überschrift zu formulieren: Ja, deutscher Rap hat in meinen Augen ein Diversity-Problem. Jedoch möchte ich hier nicht auf Künstler*innen rumhacken, welche böse Dinge gesagt haben, sondern viel mehr in Frage stellen, weshalb sich Majorlabels und Streamingplattformen kaum bis gar keine Diversität zutrauen.
In meinen Augen ist die aktuelle Deutschraplandschaft, mit all ihren problematischen Äußerungen, welche mittlerweile ganz normal sind, das Produkt von Majors und Streamingdiensten.
Wer, wenn nicht die drei größten Labels hat in dieser Industrie die nötige Relevanz zu entscheiden, wie sich ein Genre formt, insbesondere ein noch so junges wie Hip Hop. Wer solchen Künstler*innen eine Plattform bietet und diese gar unterstützt, der beschwört herbei, dass sich Andere daran orientieren und solche Sprache auch etablieren. Wer solchen Artists direkt den Rücken zukehrt und symbolisiert „Hey, mit Aussagen, welche queere, schwarze oder weibliche Menschen derartig diskriminiert oder beleidigt, der hat bei uns nichts zu suchen,“ der eliminiert allmählich solche Ansichten. Auch Plattformen wie Spotify, YouTube und co., welche durch Playlistplatzierungen oder gemeinsamen Werbeaktionen „problematische“ Künstler*innen ins Rampenlicht rücken, tragen auch hier eine große Teilschuld.
Nichtsdestotrotz tut sich etwas. Beispielsweise durch Badmómzjay hat Universal Urban eine Bisexuelle Künstlerin ins Rampenlicht gestellt, welche auch innerhalb der Szene auf wenig bis keinen Widerstand stößt und durch subtile Lines wie „Und wenn dein Girl mir gefällt, dann nehm ich mir sie“ nach und nach für mehr Diversität innerhalb der Szene und der Zuhörer*innen sorgt.
Es gibt also noch viel zu tun. Dennoch habe ich den Eindruck, dass wir gerade am Beginn einer Renaissance des Hip Hops stehen, in welcher immer mehr Diversitätspredigende Künstler*innen andrang finden.
Ich bin mir sicher, dass dieses Phänomen langsam aber sicher auch aktuell noch fragliche Lines rappende Künstler*innen dazu drängen wird, solche Lines aus ihrer Musik zu streichen.